Filmvorstellung: Unruh

Kurz vor einer Winterpause über die Feiertage kommen wir am Samstag, den 20.12. um 19 Uhr noch einmal zusammen, um im gemütlichen Buchladen Le Sabot in der Altstadt den Spielfilm "Unruh" (2022) zu schauen. Dieser macht auf bemerkenswerte Weise den im späten 19. Jahrhundert rapide voranschreitenden Prozess der Entqualifizierung von Zeit erfahrbar: ihre Loslösung von menschlichem Empfinden zugunsten der Überführung in eine messbare und industrieller Effizienzlogik unterworfene Größe. Angesiedelt ist der Film in einem Schweizer Dorf mit hochentwickelter Uhrenfertigung in ebenjener Zeit und erlaubt somit, diese Form kapitalistischer Herrschaft in ihrer Historizität und mitsamt ihren technologischen Voraussetzungen nachzuvollziehen. Er folgt dabei dem Widerstand der anarchistischen Arbeiterinnen, welche die sie disziplinierenden Uhren fertigen – ohne den ebenfalls gegenwärtigen und später als anarchistischer Theoretiker bekanntgewordenen Kropotkin zu heroisieren.

"1877: der russische Kartograf Pyotr Kropotkin kommt in ein Tal im Schweizer Jura, angelockt von der hochentwickelten Uhrenfertigung dort und von der Nachricht, dass sich Arbeiter*innen zu einer anarchistischen Gewerkschaft zusammengeschlossen haben. Er trifft auf eine Gesellschaft, in der Beamte und Gendarmen über die richtige Uhrzeit wachen und dem Produktionsbetrieb und der Gemeinschaft den Takt vorgeben. Immer effizienter werden die Produktionsabläufe in den Uhrmanufakturen organisiert, die sekundengenaue Kontrolle erzeugt einen steigenden Druck auf die Beschäftigten. Davon kann auch Josephine ein Lied singen, die über die Montage der Unruh, des Herzstücks der mechanischen Uhr, wacht und den zugereisten Kropotkin kennenlernt. Inspiriert von anarchistischen Ideen fordern sie die Befreiung der Zeit, setzen Solidarität und Pazifismus gegen Marktgesetze und Nationalismus." (Beschreibung des Filmverleihs)

Schweiz 2022, 93Min., OmU-Fassung (Schweizerdeutsch/Französisch/Russisch u. a.), Regie, Drehbuch, Schnitt: Cyril Schäublin

Bild: GRANDFILM

Organisiert vom AStA Referat für politische Bildung